Montag, 12. Januar 2015

Von Arzt zu Arzt



Am nächsten Morgen stand für mich fest, ich brauche als erstes eine 2. Meinung. Vorher kann und will ich nichts entscheiden. Wir sind dann erstmal zu unserem Hausarzt gefahren um einen Krankenschein zu bekommen, denn an arbeit war nicht zu denken. Für keinen von uns.
Während wir warteten hat mein Freund einen Termin in der Uniklinik vereinbart für den nächsten Tag, also den 09.01. Dann sind wir nochmal zu meinem Frauenarzt gefahren, weil wie eine weitere Überweisung brauchten und auch dieser hatte den Bericht vom Vortag schon vorliegen und sprach uns sein Mitgefühl aus. Er bat uns auch an eine therapeutsiche Begleiung zu besorgen, wenn wir das wünschen. Das Angebot haben wir auch angenommen und hatten mit diesem besagten Therapeuten eine Termin für den. 13.01 vereinbart.
Dann mussten wir nochmal in die Praxis des Untersuchers vom Vortag, um ihm mitzuteilen, wie es weitergehen soll. Dort angekommen haben wir erstmal den Bericht erhalten und ihm gesagt, dass wir zu einem Abbruch tendieren, aber erstmal eine 2. Meinung haben wollen. Er fand das gut und hat uns gesagt, dass wir wenn wir möchten den Abbruch entweden dann in der Uniklinik machen lassen könne, das aber dort erstmal viel Bürokratie auf uns zukommt, da dort erstmal eine Ethikkommision über den Fall entscheiden müsse und wir an einer genetischen Beratung und einer psychologischen Beratung teilnehmen müssen. Das dauere etwas länger und im der anderen Klinik würde das schneller gehen, sogar noch vor dem Wochenende. (Das war ein Mittwoch)
Der erste Gedanke war: Super, je schneller, desto besser. Ob ich zu diesem Zeitpunkt mein Baby gemerkt habe? Ich habe keine Ahnung. Ich glaube ich habe alles ignoriert. Ich wollte nur aus diesem Albtraum aufwachen und dachte mit dem Ende der Schwangerschaft, wäre das der Fall.
Am nächsten Tag muss ich sagen hatte ich fast die Hoffnung, dass diese Ärztin zu einem anderen Ergebnis kommt. Ich habe gehofft und gebetet... Das warten in einem Raum voller dicker Babybäuche, war der Horror.... Aber die Hoffnung kam immer wieder hoch, auch wenn mit klar war, dass es wenig gibt. Die Ernüchterung kam auch kurze Zeit später. Auch diese Ärztin kam zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinliche eine Thanatophore Dysplasie ist, aber auf jeden Fall handelt es sich um eine letale Skelettdysplasie. 
Sie hat uns dann gefragt, wie es weitergehen solle und wir haben ihr mitgeteilt, dass wir zu einem Abbruch tendieren. Als sie fragte, ob diese in der Uniklinik stattfinden solle, habe ich intuitiv "Ja" gesagt. Sie hat dann gesagt, dass sie sich um alles kümmere und sich bei uns melden würde, wegen weiterer Termine.
Gleich am nächsten Tag hatten wir dann Termine für die humangenetische- und psychologische Beratung.
Die Ärztin in der Humangenetik war sehr nett und hat uns auch gesagt, dass sie durch den Ultraschallbefund zu der gleichen Prognose kommt, wie alle anderen Ärzte auch, hat uns aber auch geraten eine Fruchtwassenuntersuchung durchführen zu lassen. Einfach um sicher zu sein um welche Form der Skelettdysplasie es sich handelt, da es wohl auch rezzesiv vererbbare Dysplasien gibt, die der thanatophoren Dysplasie vom Ultraschallbefund her ähneln. Da besteht dann aber die Möglichkeit, dass mein Freund, oder ich Träger dieses Gens sind und diese Krankheit möglicherweise nocheinmal in der nächsten Schwangerschaft auftreten kann. Da der Kinderwunsch bei uns beiden da ist, wollten wir das natürlich abklären und sind nach der genetischen Beratung nochmal zur Fruchtwasserentnahme in das Pränatalzentrum der Uniklinik. 
Die Ärztin in der Humangenetik meinte aber auch, dass sie denkt, dass es eine thanatophore Dysplasie Typ I ist und diese tritt in der Regel als Neumutation auf. Es gibt wohl seltenen Fälle, da ist ein Elternteil träger eines sogenannten Keimzellmosaiks, wodurch diese Krankheit auftritt, das kann man aber nur in einer weiteren Schwangerschaft feststellen, kommt aber fast gar nicht vor. 
Die psychologische Beratung war ganz toll. Ich konnte mir alles von der Seele reden und fühlte mich super aufgehoben. Die Ärztin hat uns zugehört und wir haben zum ersten mal das Gefühl gehabt, dass wir und unsere Gefühlswelt im Mittelpunkt stehen. Sie hat auch nochmal gefragt ob wir wirklich sicher sind, dass wir das wollen und vor allem, wie ich es mir vorstelle, wie es mir geht, wenn ich die Schwangerschaft nicht abbreche.
Am Ende hat sie uns gesagt, dass sie eine psychologische Indikation für eine Abbruch erteilt, was bedeutet, dass in den nächsten Tagen eine Ethikkommision aus Gynäkologen, Psychologen, Kinderärzten und Hebammen über meine Fall berät und wir dann mitgeteilt bekommen, ob der Abbruch möglich ist. 
Über das Wochenende hatten sich viele Fragen angesammelt, die wir am Montag früh nochmal klären wollten. Also haben wir in der Uniklinik angerufen. Ich hatte zuvor im Netz gelesen, dass man in meiner Schwangerschaftswoche oft dem Baby im Bauch eine Kaliumspritze gibt, damit das Herz aufhört zu schlagen. Das war für mich einfach unvorstellbar. Ich weiß, das Ergebnis wäre das gleiche, aber das konnte ich nicht. 
Das war bei uns aber nicht der Fall, da unser Baby keine Chance hatte. Schon gar nicht mit einem geschätzten Geburtsgewicht von 240g.
Bei diesem Gespräch wurde uns dann auch mitgeteilt, dass alle Ärzte denken, dass eine Ethikkommission nicht notwendig sei, da dieser Fall eindeutig war und mein Baby keine Chance hatte. Damit war für uns klar, wenn die Ärzte alle dieser Meinung sind, dann bleibt wohl keine Hoffnung mehr.
Ach ja und an dem Montag hatten wir noch eine Termin mit dem Psychologen, der uns von meinem Gynäkologen empfohlen wurde. Dieser Mensch war sowas von inkompetent.... Ein älterer Mann, der unseren Fall mit dem Tod seines hundes verglichen hat!!!!! Ausserdem hat er uns gar nicht zugehört und alle paar Minuten auf seine Uhr geguckt. 
Wir waren fassungslos. Wie kann man mit Menschen in unserer Situation so kalt umgehen? Und sowas darf sich Prof. Dr. irgendwas nennen??? Bei dem ist vor lauter Wissenschaft das Herz auf der Strecke geblieben..
Der Termin für die Einleitung war dann der Mittwoch. Somit blieb uns noch ein Tag mit Baby im Bauch, noch ein Tag als ganze Familie...

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