Samstag, 17. Januar 2015

Der Versuch eines Neuanfangs...

Am 02.5. gings dann los mit der neuen Arbeit. Ich habe mich gut gefühlt und war bereit für eine Neuanfang. Auf der neuen Arbeit wusste keiner von meiner Vorgeschichte und das fand ich gut. Das sollte erstmal so bleiben. Ich wollte einen kompletten Neuanfang und fühlte mich dazu bereit und stark genug.
Aber die Vergangenheit holte mich schneller ein, als mir lieb war. Schon am 2. Tag stand vor mir ein junger Mädchen, offensichtlich schwanger und offensichtlich hat sie gerade ihre letzte Zigarette ausgemacht. Nebenbei wollte sie von mir für Schwangere absolut ungeeignete Medikament haben und bestand auch darauf, immerhin sei sie ja schon länger schwanger und wüsste, was sie tut. Ich habe ihr die verlangten Medikamente verweigert und dann ist sie beleidigt abgezogen. Wahrscheinlich in die nächste Apotheke, aber ich hoffe sie hat auf meinen Rat gehört und lieber ihren Arzt zu Rate gezogen. Ich jedenfalls hab meine Pflicht getan. Aber kaum war besagte Kundin raus aus der Apotheke musste ich mich auf der Toilette einschliessen und erstmal heulen.
Wieso geht dieses Mädchen so unverantwortlich mit sich und ihrem Kind um und bekommt am Ende wahrscheinlich ein gesundes, lebendiges Baby und ich? Wo ich mich an alles gehalten hab, was man mir gesagt hat und mir nichts sehnlicher wünsche bekomme ein krankes Kind? Die Welt ist so unfair….
Am 19.5. dem eigentlichen ET unserer Tochter kam mich meine Mama besuchen. Das fand ich toll. Sie konnte mich ablenken und ich konnte mit ihr ein paar schöne Tage genießen. Wir wollten auch gemeinsam auf den Friedhof. Am 19 tagsüber habe ich dann so gemerkt, dass es mir nicht gut geht. Mir war ständig schwindelig und schlecht. Naja ich hab mir meinen Teil gedacht, wusste aber, dass es für einen Test noch zu früh war, immmerhin war mein Eisprung, laut Test erst ein paar Tage her.  Ich wollte abwarten bis meine Mama wieder weg ist, bis ich den Test mache.
Die Woche mit meiner Mama war schön. Wir haben ein paar Ausflüge gemacht und uns angesehen, wo wir im August heiraten wollen. Das tat echt gut. Kaum war meine Mama am Freitag losgefahren habe ich zu Hause einen Test gemacht. Dieser war eindeutig positiv. Ich hatte aber total Angst und hab gleich beim Arzt angerufen. Dieser hat erstmal nur Blut abgenommen, da er meinte, so früh könne man noch nichts sehen. Am Abend kam das Ergebnis und ich sollte unbedingt Montag früh gleich zu ihm, da der Wert doch so hoch sei, dass man was sehen müsse. Naja man konnte dann auch was sehen, aber leider nur eine leere Fruchthöhle. Naja, er meinte das sei ok, ich bin ja erst ganz am Anfang, aber Ende der Woche muss da mehr sein. Also am Freitag wieder hin. Immernoch nichts zu sehen, aber die Fruchthöhle wächst und das ist gut. Also neuen Termin für eine Woche später.
Auch da immernoch nichts. Nur eine riesige leere Fruchthöhle. Er hat nochmal Blut abgenommen und am Ende des Tages das Niederschmetternde Ergebnis, der Wert steigt, aber zu langsam. Ich sollte in die Uniklinik und sehen, was sie dort meinen. Auch da kam man zu dem gleichen Ergebnis. Leere Fruchthöhle und da wird wohl auch nichts mehr kommen. Rechnerisch war ich in der 7.SSW und ich wollte aber noch abwarten. Manchmal brauchen die kleinen ja etwas länger um sich zu zeigen. Bin auch in der Woche drauf zu einem anderen Arzt gegangen und er meinte er könne evtl in der eine Ecke was erahnen, aber sei sich nicht sicher. Er würde aber noch abwarten. Also haben wir noch eine Woche gewartet und haben aber immernoch nichts sehen können. Wir hatten dann die Wahl zwischen einer Ausschabung und einer medikamentösen Beendigung der Schwangerschaft. (Auf deutsch, wieder abbrechen…) Abwarten kam leider nicht infrage, da die Fruchthöhle mittlerweile so groß war, dass die Ärzte Angst hatten, sie könne zu einer bösartigen Wucherung werden.
Ich habe mich dann für die Medikamente entschieden, da ich nicht schon wieder eine Ausschabung wollte. Am Samstag sollte dann die Blutung einsetzten und ich habe gehofft, dass ich das alles ohne Krankenschein schaffe. Naja es kommt immer anders… Die Blutung am Samstag wurde so stark, dass ich Nachmittags in die Klinik musste, weil mir so schlecht und schwindelig war. Und wer war mein Arzt? Genau der, der mir damals im Januar gesagt hatte, dass unsere kleine einen zu kleinen Oberschenkel hatte. Er war auch ganz nett und hat bei der Untersuchung schnell festgestellt, dass ich zwar Blute aber das Gewebe  nicht abgegangen ist. Ich musste dann da bleiben und bekam nochmal Tabletten und eine Wehentropf, damit das dann abgeht. Aber die Blutung wurde im Laufe des Tages immer weniger und auch am Sonntag und Montag hatte sich trotz Medikamente nichts geändert und ich musste trotzdem zur Ausschabung.
Aus dem Neuanfang wurde für mich ein neuer Tiefpunkt… Die Schwangerschaft habe ich gar nicht als solche Wahrgenommen und für mich war das Ganze auch nicht so schlimm wie der Verlust im Januar, das ist ja klar, aber trotzdem habe ich damit einen neuen Tiefpunkt erreicht. Ich war komplett fertig mit der Welt und habe mich gefragt, warum ich mir das immer wieder antue.
Zu dem Zeitpunkt hatte ich dann zum Teil auch vor mir selbst Angst. Gerade wenn ich zur Arbeit gefahren bin. Wie oft habe ich mich bei Tempo 160 auf der Autobahn gefragt, was wohl passieren würde, wenn ich jetzt die Kontrolle verlieren würde…
Ich war wirklich fertig und mein Freund wusste das. Ich glaube auch er hat sich ernsthaft Sorgen um mich gemacht. So im Nachhinein denke ich, brauchte ich vielleicht nochmal diese Erfahrung. Immerhin hab ich nach der Geburt unserer Tochter immer und immer wieder versucht mich abzulenken um nur nicht groß zu Trauern oder um in ein tiefes Loch zu fallen. Ich glaube nach dieser Erfahrung kam dieses Loch und die Trauer um unsere Tochter wurde noch einmal so präsent wie im Januar. Eigentlich musste dieses Loch noch kommen.  Ich habe mich auch zu dem Zeitpunkt völlig überflüssig gefühlt. Auf Arbeit habe ich noch nicht wirklich Aufgaben bekommen und der Kundenansturm ließ auf sich warten, was bedeutete, dass ich viel rumgestanden und gewartet hab. Zu Hause habe ich mal wieder nichts auf die Reihe bekommen, weil ich nach 9 Stunden Arbeit und anschließender Autofahrt einfach immer fertig war abends, auch wenn die Arbeit nicht wirklich herrausfordernd war. Somit ist es auch kein Wunder wenn man auf solche Gedanken kommt. Wer ist schon gerne überflüssig…

Mein Halt war für mich mein Freund. Ohne ihn hätte ich das alles nicht geschafft. Er hat sich jeden Tag mein Elend angehört und versucht mich aufzubauen und durch ihn habe ich mich wieder besser gefühlt. Er hat mir das Gefühl gegeben wichtig zu sein, auch wenn er durch mich nur noch mehr Last am Hals hatte. Ich habe ihm oft gesagt, dass er mich verlassen soll, immerhin bin ich nur eine Last für ihn und kann ihm nichtmal den Kinderwunsch erfüllen, aber er hat nichts auf mein dummes Gelaber gegeben und ist bei mir geblieben.

2 Kommentare:

  1. Hallo. Es tut mir leid, dass ihr eure Tochter verloren habt! Ich finde es richtig und wichtig über dieses Schicksal zu sprechen. Es passiert leider viel zu oft aber fast niemand redet darüber.
    Ich bin nicht zufällig auf dieser Seite gelandet, ich musste den gleichen Weg gehen.
    Als ich deine Geschichte las, habe ich eine Gänsehaut bekommen. Deine Geschichte ist meine. Ich könnte meinen Namen darunter setzen. Bis auf wenige Ausnahmen, (ich hatte bis zum Zeitpunkt der Diagnose eine sehr gute Schwangerschaft) ist alles gleich. Die gleiche Krankheit, die gleiche Erfahrung mit dem Fruchtwasser, die Probleme mit dem Nachnamen (wir wollten auch nach der Geburt heiraten). Genau das Selbe, nur ein Jahr später. Wir mussten uns am 02.01. von unserer Maus verabschieden. Jeden Tag quälen mich die Selben Fragen und Gedanken. Alles was uns jetzt bleibt, sind die Erinnerungen an die wenigen Stunden, die wir sie im Arm halten durften, einige Fotos und auf dem kleinen Grab, weiße Rosen im Schnee...

    Ich wünsche euch und uns die Kraft das alles durchzustehen und irgendwann Frieden zu finden

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  2. Es tut mir leid, dass auch ihr so einen Schicksalschlag erleiden musstet.Es ist sicher keine leichte Zeit, die da auf dich zukommt, aber irdendwann wird es leichter und man lernt damit umzugehen. Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit.

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