Am 15.01.14 war es dann
soweit und wir sollten uns gegen 10 Uhr in der Klinik einfinden, damit
eingeleitet werden kann.
Wir wurden erstmal ins
Wehenzimmer des Kreissaals gebracht, vor allem da dort 2 Betten stehen und mein
Freund so möglichst lange bei mir bleiben konnte. Keiner hat mit einem
schnellen Einsetzten der Wehen gerechnet, da mein Körper ja noch überhaupt
nicht darauf vorbereitet war. Ich hatte sehr vie Angst, weil ich zuvor schon Horrorgeschichten
von 48 Stunden lang schmerzhaften Wehen gehört gelesen habe und hab nur
gehofft, dass das bei mir nicht passiert. Der Schmerz war so schon schlimm
genug und bei diesem Schmerz würde kein Schmerzmittel helfen...
Es kamen dann ganz viele
Ärzte zu uns. Der eine Oberarzt war einfach nur blöd. Vielleicht wusste er
nicht wie er sich verhalten sollte, aber er war sehr kalt uns gegenüber. Wir
hatten eher das Gefühl, er wolle sich wichtig machen. Der Assistenzarzt
hingegen war sehr nett. Er hat uns alles erklärt, was passiert und dass ich
erstmal ein Gel bekomme, damit der Muttermund weich wird und die Wehen
einsetzten. Zusätzlich wurde mir ein Zugang gelegt, da ich später noch eine
Oxitocintropf bekommen sollte, wenns langsam losgeht. Er hat auch gesagt, dass
nach dem ersten Gel wohl noch nichts passieren wird und da ich die Nacht zuvor
sehr schlecht geschlafen habe, sollte ich mich erstmal versuchen ein bisschen
auszuruhen. Das 2. Mal Gel sollte ich nach 4 Stunden bekommen. Als er mir den
Verlauf der Geburt und was danach kommt erklärt hat, musste er selbst mit den
Tränen kämpfen. Er hat uns gesagt, dass wir unser Baby, wenn wir möchten dann
gerne sehen können und so lange wie wollen noch bei ihm bleiben können. Wenn
wir dann für den Abschied bereit wären, kommt die
Hebamme und bringt das Baby
in die Pathologie, wo weitere Untersuchungen folgen.
Er hat mich auch darauf
hingewiesen, dass ich wohl nach der Geburt eine Ausschabung benötigen
werde, da oft die Placenta nicht vollstänig mit raus kommt. Der Gedanke nach
Der Geburt allein zu sein und sei es nur für kurze Zeit und auch meine Freund
so lange allein zu lassen, war unerträglich und ich habe im stillen zu meinem
Baby gesagt: "Bitte, wenn du das schaffst, nimm die Placenta mit. Ich
möchte nicht vom Papa getrennt sein, wenn du nicht mehr bei mir
bist."
Als ich dann fragte, was
danach mit dem Baby passiert, wenn die pathologischen Untersuchungen
abgeschlossen seien, meinte er die Hebamme bringe mir alle Informationen,
welche Möglichkeiten wir haben.
Wir mussten dann noch auf den
Anästhesisten warten. Die Hebamme kam auch mit Infos. Sie hat uns gesagt, die
Uniklinik hat ein Sternengrab für Kinder unter 500g und da könnten wir unser
Baby beerdigen lassen. Wir hätten auch die Möglichkeit ein eigenes Grad zu
gestalten und dann müsste sich ein Bestatter darum kümmern. Wir können unserem
Baby einen Namen geben und wenn wir möchten können wir auch Babys unter 500g im
Stammbuch eintragen lassen,
In einem Nebensatz erwähnte
sie noch, dass wir ab 500g Geburtsgewicht dazu verpflichtet sind eine
Bestattung selbst zu organisieren und der Eintrag im Stammbuch mit
Geburtsurkunde auch erfolgen muss. Aber damit würde niemand rechnen. Wir haben
uns einen Namen überlegt, allerdings auch nur für ein Mädchen. Ich war mir recht
sicher, dass es ein Mädchen werden würde. Wir haben uns dann für das
Sternengrab der Uniklinik entschieden, weil ich fand es schön, die Vorstellung,
dass das Baby dann nicht allein ist, sondern zusammen mit anderen
Sternenkindern.
Auch der Anästhesist, der
mich über die Möglichkeiten den Schmerzlinderung aufgeklärt hat. musste mit den
Tränen kämpfen. Ich habe ihm gleich gesagt, dass ich eine PDA ablehne und es so
versuchen möchte. Ausserdem konnte ich auf andere Schmerzmittel zurückgreifen,
die anderen Frauen nicht zur Verfügung hatten. Zudem dachte ich würde der
körperliche Schmerz, den seelischen etwas Unterdrücken.
Gegen 14 Uhr war es dann
soweit und das erste Gel wurde gelegt. Jetzt gab es kein zurück mehr... Mein
Freund hat noch ganz in Ruhe Pizza gegessen und ich durfte auch noch was zu
Mittag essen und bin irgendwann eingeschlafen. Gegen 16 Uhr bin ich aufgewacht,
weil ich merkte dass ich Schmerzen bekomme. Oh dachte ich noch, das geht aber
schnell... Die Schmerzen wurden auch schnell mehr, sodass wir die Hebamme
gerufen haben und sie mich kurz untersuchte. Ich durfte dann Umziehen in den
kleinen Kreissaal und bekam jetzt Wehenfördernde Mittel über den Tropf.
Gegen 17 Uhr wollte ich dann
doch Schmerzmittel. Der Arzt kam mit einer Pumpe die ich selbst steuern konnte.
Es trat aber keine deutliche Besserung ein. Entweder habe ich nicht auf das
Mittel reagiert oder sie Schmerzen sind in gleichem Maße wieder angestiegen.
Gegen 19 Uhr war ich am Ende
und die Schmerzen wurden nicht erträglicher und ich wollte jetzt doch die PDA.
Die Hebamme meinte aber, dass sich das nicht mehr lohnen würde, da die Geburt
bald zuende sei und ich es geschafft hätte.
Mein Freund hat die
Schmerzpumpe nachher gesteuert und alle 2 Minuten konnte er erneut
Schmerzmittel nachgeben und hat das Konsequent gemacht. Irgendwann kam eine
Phase wo ich immer wieder eingenickt bin. Dann kam der Drang zu pressen. Ich
wusste zu der Zeit gar nicht so richtig, was hier überhaupt passiert. Dass ich
kurz davor war ein Baby zu bekommen, war mir nicht klar....
Die Hebamme kam dann mit
einer Assistenzärztin und dem Oberarzt und dann gings los. Aber es ging nicht
voran. Sie haben dann meine Fruchtbasen sprengen müssen, im wahrsten Sinne des
Wortes, denn sie ist wirklich explodiert und das Fruchtwasser war im ganzen
Raum und auf der super netten Hebamme verteilt.... Eigentlich fast komisch,
wenn man bedenkt, dass ich während der Schwangerschaft die größte Angst vor nem
vorzeitigen Blasensprung hatte...
Naja nach ein paar Mal
pressen, war es dann um 21:27 Uhr soweit und unsere Tochter kam zur Welt. Wie
erwartet, war sie tot. Sie wurde kurz gewaschen und dann durften wir sie sehen.
Es war unbeschreiblich. Zum
einen war es sehr schön unsere Tochter im Arm zu halten, es war alles dran und
sie sah aus wie ein kleiner Mensch. Auf den ersten Blick konnte man denken, sie
würde schlafen, ganz friedlich sah sie aus. Nur die dunkle Haut hat verraten,
was los ist mit ihr.
Ich hatte kurz sogar das
gefühl, sie würde sich bewegen und auch bei meinem Freund hat sie sich kurz bewegt.
Die Hebamme meinte aber, das sei normal.
Sie kam mir sehr groß und
schwer vor und die Hebamme war auch leicht überrascht und wir haben sie
gewogen. 540g!! Oh man das war ein kleiner Schock für uns. Und vor allem, was
müssen wir jetzt alles machen? Zum Standesamt und einen Bestatter finden, aber
welche sind gut? Es gibt hier hunderte.... Das hat uns erstmak überfordert, wo
wir doch eigentlich nur trauern wollten und unsere Ruhe nach dieser Zeit haben
wollten. Aber darüber machen wir uns später Gedanken... Jetzt wollten wir
nur unsere Tochter genießen. So ganz nebenbei kam auch die Placenta vollständig
mit raus und ich habe mich bei meiner kleinen großen Tochter bedankt.
Ich konnte an diesem Abend
nicht eine Träne vergießen, weil ich war einfach nur stolz. Stolz auf meine
hübsche Tochter. Ich konnte sie gar nicht genug anschauen und wir haben ganz
viele Bilder gemacht. Komischerweise sieht sie fast immer anders aus. Als hätte
sie doch ein bisschen Mimik gehabt.
Für meinen Freund wurde dann
ein Bett in die Kreissaal geschoben und wir durften es uns dort für die Nacht
bequem machen. Unsere Tochter lag die ganze Nacht zwischen uns. Cara...
"die Liebe, die Teure"
Am nächsten Morgen haben wir
uns dann von ihr verabschiedet. Mittlerweile hat sich ihr Kopf schon ein wenig
verformt und wir wollten sie vom Abend vorher in Erinnerung behalten. Der
Abschied war unendlich schwer. Wir wollten sie nicht weggeben und ohne sie nach
Hause fahren. Wieso tut man uns das an? Ich wollte die Zeit anhalten und immer
bei ihr sein. In dem Moment, also die Hebamme sie mitgenommen hat, war mir, als
würde man einen ganz wichtigen Teil von mit mitnehmen. Ich fühlte mich
unvollständig und leer und wusste gleichzeitig, dass das wohl auch immer so
bleiben wird. Dieser Teil von mir fehlt jetzt einfach. Die Lücke wird einem mit
der Zeit weniger bewusst und oft drängt man sie in die letzte Ecke, aber sie
ist immernoch da und es gibt Tage, da ist sie so präsent wie in dem Moment, als
ich sie weggeben musste. Aber diese Tage werden weniger.
Der Weg nach Haus war sehr
irreal. Ich fühlte mich so leer und einsam und war froh, dass mein Freund bei
mir war. Ich wollte nicht allein sein...
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