Mittwoch, 14. Januar 2015

Und jetzt? Zurück in den Alltag

Nach ein paar schönen Tagen bei meinen Eltern kam ich wieder nach Hause in den grauen Alltag. Obwohl noch nicht ganz…
Gleich am ersten Tag zu Hause kam meine Trauzeugin mich besuchen und wir sind gemeinsam zur Hochzeitsmesse gegangen. Die Hochzeit, die ja schon länger für den 30.08. geplant war, musste mal genauere Form annehmen. Wir wollten ja nur im kleinen Kreis heiraten, also dachten wir, Februar wäre früh genug. Aber wollen wir das wirklich noch? Immerhin war diese kleine, intime Feier ja nur geplant, weil wir dachten, dass wir ein Baby mit dabei hätten. Die große Feier sollte dann ein Jahr später nachgeholt werden. Und nun? Ganz spontan und nach einem kurzen Gespräch mit meiner Trauzeugin und meinem zukünftigen, meinte mein Freund „Ach, ich will nicht mehr klein heiraten. Ich möchte einen DJ und tanzen und eine schöne Feier mit unserer ganzen Familie und vielen Freunden.“
Urlaub können wir ja auch nicht planen, da meine derzeitige Jobsituation mehr als ungewiss war. Naja, keine 2 Tage später hatten wir die neue Lokation gebucht und fingen an mit 50-60 Mann zu planen. (Am Ende sind es dann doch 80 geworden J)
Somit wurde unsere kleine 20 Mann Feier mal eben abgesägt und ich konnte mich auf meine Hochzeit konzentrieren, um wenigstens etwas zu tun zu haben und mich abzulenken.  Bald stand dann auch mein Geburtstag an. Noch so ein Tag, den ich eigentlich vergessen wollte. Wer will schon Geburtstag feiern, wenn das wichtigste fehlt? Immerhin war unsere Tochter zu dem Zeitpunkt gerade mal eine Monat tot. Aber gar nichts machen, kam mir auch falsch vor. Ich glaube das hätte sie auch nicht gewollt. Also habe ich meinen Bruder und seine Freundin eingeladen, sowie die Schwester meiner Freundes und noch eine gute Freundin von mir und wir sind dann alle Hochzeitskleider anprobieren gefahren. Also die Männer nicht, die haben nach Anzügen geschaut.
Und nach nur 4 Kleidern habe ich eins gefunden. Mein Traumkleid, von dem ich nicht dachte, dass ich es finden werde und vor allem, dass es mir stehen würde. Somit hatte der Tag dann doch etwas Gutes. Abends kam noch der Trauzeuge von meinem Freund und wir haben mit meinem Bruder und seiner Freundin zusammen gesessen, erzählt und ein paar Cocktails getrunken. Am Tag danach, als wir wieder Ruhe hatten, sind wir dann auf den Friedhof gefahren.
2 Tage nach meinem Geburtstag bin ich meine Cousine besuchen gefahren. Der Alltag ohne meinen Freund bekam mir nicht und ich hätte zwar wieder arbeiten gehen können, aber mit meiner Chefin konnte ich zu dem Zeitpunkt kein Wort mehr reden und sie wollte auch nicht, dass ich wiederkomme. Das hat sie mir ja eindrucksvoll klar gemacht.
Meine Cousine hat eine kleine Tochter, die war da gerade ein Jahr alt. Ich habe es so genossen mit der kleinen zu spielen. Ich fand es auch einfach nur toll, immerhin war sie der Beweis, dass es auch anders gehen kann und das hat mir Mut gemacht und das brauchte ich auch ganz ganz dringend. Was mich allerdings ziemlich belastet hat, meine Cousine und ihr Mann, haben die kleine auch oft „Mini“ genannt. Das tat jedes Mal weh, aber ich hab mich dran gewöhnt. Was sollte ich auch anderes tun…
Zu dem Zeitpunkt habe ich dann auch angefangen die ersten Bewerbungen rauszuschicken. Die ersten Gespräche in meinem Heimatort konnte man vergessen. Wenig Geld und jeden Samstag arbeiten bei nur 30 Stunden… Das wollte ich nicht. Also hab ich mal etwas weiter weg geguckt und habe eine tolle Stelle gefunden, allerdings 60 km entfernt. Das bedeutet jeden Tag allein 1,5 Stunden nur Auto fahren. Aber die Stelle gefiel mir so gut, dass ich sie schließlich angenommen hab. Zum 1.5. allerdings erst. Somit hatte ich noch fast 2 Monate zu Hause.
Mir gings zu diesem Zeitpunkt immer schlechter. Eigentlich sollte es mit der Zeit doch besser werden, oder? Weil ich allein nicht mehr klarkam und den Austausch gesucht habe, habe ich dann eine Trauergruppe gefunden, für Eltern, die ihr Kind während der Schwangerschaft oder kurz danach verloren haben. Allerdings organisiert durch die katholische Kirche… Da war ich erstmal am zweifeln, ob die mich aufnehmen würden, immerhin habe ich meine Schwangerschaft wissentlich abgebrochen… Aber die war total nett zu mir und meinte noch, dass sie es „schön“ findet, mal meine Seite zu hören. Sie kennt nur Eltern, die das Kind ausgetragen haben und möchte aber auch mal wissen, wie es Leuten geht, die sich anders entschieden haben. Allerdings trauen sich viele nicht, offen mit ihrer Trauer umzugehen, weil sie es ja so entschieden haben. Mir geht es ähnlich. Oft fühle ich mich schuldig, wenn ich trauere, immerhin habe ich den Tod unserer Tochter zu diesem Zeitpunkt zu verantworten. Aber habe ich deswegen weniger das Recht darauf traurig zu sein, als andere? Muss ich mich meiner Trauer schämen? Ich empfinde sie genauso, wie andere auch und sie tut genauso weh. Und zusätzlich dazu muss ich mich auch noch meinen Schuldgefühlen stellen.
Jedenfalls war Frau R. aus der Trauergruppe sehr nett und verständnisvoll und wir haben uns gut aufgehoben gefühlt. Auf das erste treffen ein paar Wochen später mit anderen Eltern war ich sehr gespannt. Aber ich hatte auch Angst. Wir würden die auf meine Geschichte reagieren? Kann ich mit den traurigen Geschichten von anderen Umgehen?
Das erste Treffen war sehr bewegend, aber ich habe mich zum ersten Mal verstanden gefühlt und ich konnte auch gut mit den Geschichten der anderen umgehen. Besser als ich erwartet hätte. Die Gruppe wurde dann ein fester Termin einmal im  Monat. Der Austausch mit anderen hat mir wirklich geholfen. Ich habe gemerkt, dass ich mit vielen Dingen nicht allein dastehe. Meine Trauer wurde dort auch akzeptiert und ich wurde nicht für meine Entscheidung angefeindet oder so, womit ich ja gerechnet hätte. Das wir die Schwangerschaft abgebrochen haben stand nur am Rand und war für keine wirklich wichtig und alle konnten unsere Trauer verstehen. Das hat mir sehr geholfen immerhin hat er mir gezeigt, dass es auch für mich ok ist, meine Trauer zu zeigen.
Im Februar habe ich nebenbei auch mit einer Therapie begonnen, um besser mit dem erlebten umgehen zu können. Diese hat mir bis dahin nur wenig gebracht. Die Akzeptanz in dieser Trauergruppe hat mir nach einer Sitzung mehr gebracht als 2 Monate Therapie. Dass ich diese dann angebrochen habe, muss ich glaub ich nicht weiter erwähnen… In der Trauergruppe habe ich gelernt, dass meine Gefühle völlig normal sind und ich sie nicht verstecken muss. Das konnte die Therapie nicht.

Somit habe ich mich dann auch ganz gut gewappnet gefühlt für einen Neustart in Sachen Arbeit. Aber erst kam noch ein Umzug. Wir mussten aus unserer Wohnung raus und konnten glücklicherweise die Nachbarwohnung bekommen. Somit bekamen wir den gewünschten Tapetenwechsel, einer bessere Wohnung und einen entspannten Umzug. Was will man mehr? Ausserdem haben wir entschieden, dass wir nach dem Umzug auch wieder mit der Familienplanung anfangen wollen. Bei uns beiden war der Wunsch nach einem Kind so groß, wir mussten es einfach wieder versuchen und wenn sie Zeit reif ist, würde unsere kleine uns ein Baby schicken.

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